Eine Sicht von ausserhalb
Der Oberthurgau ist einerseits begrenzt durch den Bodensee. Dies mag auf den ersten Blick nachteilig erscheinen. Anderseits beruhigt dieser Blick in die Weite und verleitet zum Nachdenken. Das «schwäbische Meer» birgt doch viele Möglichkeiten in sich.
Mein Nationalratskollege Hermann Hess zeigt dies mit seiner Bodenseeflotte SBS und der neuen Hafenplattform mit Restaurant in Romanshorn. Die wunderschönen Strandbäder in Arbon, Romanshorn und Kreuzlingen und der grosse Schiffsteg in Altnau sowie die gepflegten Hafenanlagen locken mit ihrer entspannten Ferienatomsphäre. Touristische Grossveranstaltungen wie der «slow ab» sind beliebt, publikums- und medienwirksam. Bei der Nachhaltigkeit darf ein Fragezeichen gesetzt werden. Jedenfalls verbringen wenige Landsleute Ferien am Bodensee. Viele westlich von Zürich Wohnende kennen den Bodensee nur von Bildern und vom Hörensagen.
Diese Region- insbesondere am See – braucht pepige Attraktionen für Jung und Alt – und Unterkunftsmöglichkeiten verschiedener Kategorien. Nebst dem Hotel Bad Horn, der Seemöve und anderen mehr, wären noch weitere einladende Destinationen gefragt. Schlafen im Stroh ist ein tolles Angebot als Alternative. Es braucht Investoren, aber wo sind die zu finden? Der Bodensee liegt im Nordosten der Schweiz. Das deutsche Ufer findet mehr private Investoren, die in moderne Infrastrukturen investieren. Der Frankenkurs spielt sicher eine Rolle. Wir haben Nachholbedarf. Was macht der Kanton Thurgau? Auf kantonaler und Gemeindeebene wird jedem mutigen Investor die Hürde möglichst hochgesetzt. Neue Projekte werden reglementiert oder in Frage gestellt, anstatt diese aktiv und kreativ zu unterstützen. Den Schiffbesitzern auferlegt er ohne Mehrleistung neue Wasserbenutzungsgebühren, obwohl sie schon Schifffahrtsgebühren bezahlen.
Die Bauern in diesem Raum gehören zu den Innovativsten. Sie vermarkten immer mehr Produkte ab Hof, tätigen Investitionen, modernisieren. Neben ihrer vielschichtigen Arbeit ermöglichen sie Ferien- und andern Gästen Einblick und Erlebnisse in die Landwirtschaft.
Die zahlreichen Gewerbebetriebe durchlaufen eher schwierige Zeiten. Die Konkurrenz aus dem Ausland hält mit Billig-Euro-Rückenwind Einzug. Da gilt die Devise: Einfach besser und zuverlässiger sein als die Andern und es zu bleiben. Von aussen betrachtet scheinen sich die Familien- und mittleren Betriebe zu behaupten. Wegen Nachfolgeproblemen ist aber auch von Schliessungen und somit Verlust von Arbeitsplätzen die Rede.
Viele mittlere Industriebetriebe behaupten sich durch Innovation trotz verordnetem Frankenkurs, der die Marchen in erschreckendem Masse verringert. Die Betriebsinhaber mechanischer und chemischer Branchen kämpfen um den Erhalt der Arbeitsplätze.
Es gibt aber offenbar auch solche, die aufgeben, ihre Fabriken als Lagerhallen vermieten oder zu Einkaufs- oder Wohnflächen umbauen und damit mehr Geld verdienen als mit produzieren. Das lässt aufhorchen.
Mich erstaunen die Meldungen, dass kaum qualifizierte Arbeitskräfte zu finden sind. Im Thurgau absolvieren doch rund 80 % der Jugendlichen eine Berufslehre. Wandern diese ab oder erlernen sie die falschen Berufe?
Der Oberthurgau darf nicht nur zu einem reinen Wohnraum verkommen. Solange Arbeitsflächen in Wohnflächen umgestaltet werden, muss die aktuelle Entwicklung unbedingt überdacht werden. Um attraktiver Wirtschaftsraum zu sein, braucht er nicht nur gute Verkehrsverbindungen auf der Schiene sondern auch auf der Strasse. Der Oberthurgau hat Potential!
Verena Herzog, Nationalrätin