Die fortwährende Entwicklung neuer Technologien, das grosse Angebot an Videos und Games und das veränderte Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen in Bezug auf digitale Medien bedeuten zweifellos eine grosse Herausforderung für Eltern und auch für Lehrpersonen. Mit dem neuen Bundesgesetz sollen gemäss Zweckartikel Minderjährige vor Medieninhalten in Filmen und Videospielen geschützt werden. Ein hehres Ziel. Auch wir sind natürlich für wirksamen Jugendschutz. Doch bringt dieses Gesetz, was es verspricht?
Wir stellen den Nichteintretensantrag aus den folgenden Gründen:
1. Die entsprechenden Branchen sind längst tätig geworden. Seit mehr als zehn Jahren besteht in der Telekommunikationsbranche eine Branchenregelung zur Förderung des Jugendmedienschutzes. Mit der weitverbreiteten Altersempfehlung, hilfreichen Piktogrammen und Inhaltsdeskriptoren existiert bereits eine wirksame Selbstregulierung und Orientierungshilfe für Erziehungsberechtigte. Auch wenn grosse Umsatzzahlen und Gewinne im Vordergrund stehen, sieht sich die Branche, auch um glaubwürdig zu sein, in der Verantwortung im Bereich Jugendmedienschutz. Dazu braucht es keine neuen, überflüssigen Regulierungen.
2. Wir wollen keine Bevormundung der Eltern. Wir wollen nicht, dass aus einer Pflicht-Holschuld der Eltern schlussendlich eine Bringschuld der Anbieter wird. Es liegt doch in der Verantwortung der Eltern, sich mit dem Inhalt von Filmen und Videospielen auseinanderzusetzen und zu entscheiden, was altersgerecht und sinnvoll für ihr Kind ist. Sie kennen ihr Kind am besten. Sie sind gefordert, die notwendigen Leitplanken zu setzen und ihren Kindern einen verantwortungsbewussten Umgang mit den neuen Medien vorzuleben.
3. Die technologischen Trends werden bei der Durchsetzung in diesem Gesetz zu wenig berücksichtigt. Zwar sieht das Bundesgesetz auch das Obligatorium der Altersüberprüfung für Medienplattformen wie Youtube oder Netflix vor, allerdings ist stark zu bezweifeln, dass sich dieses Obligatorium tatsächlich durchsetzen liesse.
4. Der auf die Schweiz begrenzte Gesetzesentwurf des Bundesrates greift nicht. Nicht nur Filmaufführungen, sondern auch Angebote von Anbieterinnen von Abrufdiensten und Plattformdiensten wie Amazon, Apple, Netflix, Sky oder Youtube sollen geregelt werden, denn Kinder und Jugendliche konsumieren primär Angebote auf kostenlosen Plattformen oder nutzen von ihren Eltern abonnierte Abrufdienste. Schweizer Anbieter hingegen sollen jetzt neu verpflichtet werden, zusätzlich zur Altersklassifizierung ein System zur Alterskontrolle einzurichten und ein System zur elterlichen Kontrolle bereitzustellen. Vertragspartner der Angebote sind jedoch die Eltern, die den Kindern den Zugang erst zur Verfügung stellen. Die Verantwortung für die Alterskontrolle liegt damit klar bei den Eltern.
5. Dieses neue Gesetz löst vor allem einen zusätzlichen Kontrollapparat und zusätzliche Bürokratie aus. Mit dem neuen Bundesgesetz würde ein neues, komplexes Kontrollsystem etabliert, welches die Verantwortung für Kontrollen zwischen Anbietern, Kantonen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen aufteilt. Die Kosten für die Entwicklung und Umsetzung der Jugendschutzregelungen sowie für die Kennzeichnungs- und Alterskontrollpflicht sollen durch die Anbieter getragen werden.
Zusammengefasst: Der Gesetzentwurf bringt vor allem neue Regulierungen und Kosten für Schweizer Anbieter und den Staat und bei Weitem nicht das, was er verspricht. Für den Schutz der Kinder und Jugendlichen in unserer Gesellschaft sind nach wie vor in erster Linie die Eltern verantwortlich und nicht die Hersteller der Videos und Games. Keine Altersdeklaration und keine Alterssperre auf der Hardware können Jugendliche schützen, wenn die Eltern nicht konsequent präsent sind. Sich in falscher Sicherheit zu wiegen, ist, wie immer, erst recht gefährlich.
Im Namen meiner Minderheit bitte ich Sie, nicht auf dieses neue Gesetz einzutreten. Danke, wenn Sie dieser Bitte folgen!