Referat im Kantonsrat betreffend IP Gesamtsprachenkonzept

Herr Grossratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren der Regierung und des Grossrates
Ich danke den Interpellanten für die wichtigen, gestellten Fragen zum Gesamtsprachenkonzept des Kantons Thurgau. Auch die SVP Fraktion dankt der Regierung für die sorgfältige Beantwortung.
Im Schuljahr 2011/12 werden erstmals alle 5.Klässler in zwei FSP unterrichtet. – Wir wissen, eine Auswertung der Auswirkungen von zwei FSP auf die Schulleistungen der Kinder ist noch zu früh. – Eine umfassende Evaluation ist für 2013 geplant. Wichtig ist jetzt, dass eine Lernstanderfassung der jetzigen Schülerinnen und Schüler in Englisch, Französisch und Deutsch am Ende der zweiten und der dritten Sekundarklasse erhoben wird, damit in den Folgejahren ein relevanter, aussagekräftiger Vergleich mit der Zielgruppe, die ab der dritten Primarklasse mit Frühenglisch und somit ab der fünften Klasse mit zwei Fremdsprachen unterrichtet wurde, überhaupt möglich ist.
Deshalb möchte ich heute eine verbindliche Zusage unserer Bildungsdirektorin zur schnellst möglichen und sorgfältigen Durchführung einer Lernstandserfassung der Jugendlichen in den Sprachfächern am Ende der zweiten und der dritten Sekundarklasse. Dabei soll nicht nur das Sprachverständnis, die Rechtschreibung, der Satzbau, der Wortschatz und der sprachliche Ausdruck etc. geprüft werden. Bereits 2014/ 2015 sind die Jugendlichen, die mit zwei FSP unterrichtet wurden in der 8. und 9. Klasse. Die Zeit drängt deshalb tatsächlich für die Lernstandserfassung der Schülerinnen und Schüler, die nur mit einer FSP in der PS unterrichtet wurden.
Ausgewertet werden können derzeit – die Aufnahme des Frühenglischen bei Kindern, Lehrpersonen und Eltern und erste Erfahrungen mit dem Frühenglisch, mit den Lehrmitteln und dem Unterrichtsmaterial bei allen Mitbeteiligten. Ebenfalls kann beurteilt werden, ob die Lehrpersonen genügend auf die Englischunterrichterteilung vorbereitet wurden. Diese Fragen beantwortet die Regierung mehrheitlich positiv.
Die Schwierigkeiten und Herausforderungen von Frühenglisch und zwei Fremdsprachen liegen jedoch bei der Heterogenität der Schülerinnen und Schüler, bezüglich ihrer Lernvoraussetzungen und Lernfähigkeit. Die Schule hat die Aufgabe, dieser Heterogenität Rechnung zu tragen Trotzdem, so in der Beantwortung der IP "könne die Regierung kein Mindestmass an Leistung garantieren, weil die Unterschiede zwischen den Kindern zu gross sind".
Deshalb und das finde ich bedenklich, werden nun nochmals mehr Stütz- und Fördermassnahmen angeordnet und sonderpädago-gische Massnahmen ergriffen, nochmals mehr Kinder genügen den schulischen Anforderungen nicht!
Abgestützt auf §42a des Volksschulgesetzes werden zwar Lernzielbefreiungen bewilligt. Auch ist nach einer Weisung des AV vom 30.August 2011 eine Dispensation vom Fremdsprachenunterricht möglich. Wichtig dabei wäre aus meiner Sicht, dass eine Dispensation vom Fremdsprachenunterricht an Auflagen geknüpft ist, wonach das Kind in dieser Zeit an individuellen Lernzielen in Deutsch oder Mathematik arbeitet. Hier interessiert mich, wie viel Spielraum die Schule heute denn tatsächlich hat, um die Kinder individuell zu fördern? Genügt es, wenn eine Schülerin in Deutsch oder Mathematik ungenügend ist, damit sie von der zweiten Fremdsprache dispensiert werden kann? Dies natürlich immer auch in Absprache mit den Eltern. Oder braucht es komplizierte Bewilligungsverfahren?
In der Sekundarschule Typ G kann im Thurgau mit schriftlicher Zustimmung der Eltern ab dem 8. Schuljahr, d.h. der 2.Sekundarklasse eine FSP zu Gunsten anderer Fächer abgewählt werden. – Da fragt sich einfach, hätte nicht besser schon in der 5.Klasse gar nicht erst mit der zweiten FSP angefangen werden sollen – und schon in der 5.Klasse besser Zeit und Energie z.B. in Deutsch oder Mathematik investiert werden sollen? – Zu Recht wird allerdings bei Dispensationen von Grundfächern schon in der Primarschule befürchtet, dass dadurch für betroffene Schüler die Weichen zu früh gestellt werden.
Diese Tatsache und da mehrere Studien zum frühkindlichen Lernen z.B. span. Studie von Carmen Munoz, 2006 immer wieder zum gleichen Schluss kommen, dass es zwar möglich und in bestimmten Bereichen für Kinder ideal ist, Fertigkeiten früh zu erwerben, ganz wesentlich z.B. in der Grobmotorik, dass aber bei Fremdsprachen, wie Erfahrungen beim Frühfranzösisch oder beim Frühenglisch zeigen, bei späterem Beginn dieser Vorsprung nach kurzer Zeit wieder eingeholt wird. (z.B. in der Masterarbeit des Linguistikers Urs Kalberer, Zürich), muss die Frage des Kosten-, / Nutzeneffekts von zwei Fremdsprachen in der PS, nicht nur im monetären Sinn, sondern auch aus Sicht des Schülers, gestellt werden. Spätestens nach gründlicher Evaluation von zwei FSP in der PS in unserem Kanton, muss diese Frage abschliessend zu Gunsten einer bestmöglichen, auf das Berufsleben vorbereitenden Bildung der Schülerinnen und Schüler beantwortet und müssen die notwendigen Konsequenzen ergriffen werden.
Die Fraktion der SVP ist sich einig, wir wollen im TG ein für das Kind gewinnbringendes Sprachenkonzept, indem nicht nur die Fremdsprachen, sondern auch die Grundfertigkeiten in Deutsch viel stärker gewichtet werden. Es kann ja nicht sein, dass selbst bei Schulabgänger der Sek A bei jedem zweiten Satz Rechtschreibefehler korrigiert werden müssen, wie es Lehrmeistern und abnehmenden Schulen beklagen und ich leider auch in unserem Betrieb persönlich feststellen muss.
Ebenso müssen Mathematik, Naturwissenschaften und Werken wieder einen höheren Stellenwert in der Bildung erreichen, um die Kinder vielseitig und nicht nur sprachlastig für ihr Leben zu rüsten.

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