Sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – wer will das schon nicht? Der Titel dieser Volksinitiative ist äusserst verfänglich. Natürlich bestehen Unterschiede in der Beurteilung, was man selbst als gesunde Nahrung empfindet und was nicht.
Beim Trinkwasser ist es schon klarer. In der Schweiz können wir ja fast überall frisches Hahnenburger trinken, und dies bei bester Qualität. Wir können in fast allen Gewässern, sogar im Rhein in Basel, schwimmen gehen. Nur in wenigen anderen Ländern ist das bedenkenlos möglich. Doch wird die Wasserqualität untersucht, werden immer Spuren und Rückstände von allem Möglichen und Unmöglichen gefunden. Auf manches könnte verzichtet werden. So z. B. auf die vielen schädlichen Rückstände von Drogen wie Kokain, Amphetamin und Ecstasy, die in hohen Konzentrationen im Abwasser der Grossstädte gefunden werden. Doch wir haben ja Kläranlagen, höchstens die Aale werden „high“.
Und immer noch gelangen auch zu viele Pflanzenschutzmittel in die Gewässer, Nitrate ins Grundwasser und Phosphor in die Seen. Aber die Landwirtschaft, die mit diesen Initiativen weiter ans Gängelband genommen werden soll, ist auf gutem Wege. Wir haben es bereits gehört: In den letzten zehn Jahren wurde der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um 27 Prozent, der Einsatz von Herbiziden um 45 Prozent reduziert. Natürlich sollen diese Schadstoffe weiter reduziert werden. Da sind wir uns einig.
Sich dessen bewusst hat auch der Bundesrat bereits 2017 einen Aktionsplan mit 51 Massnahmen zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln verabschiedet. Rund die Hälfte der Massnahmen ist bereits umgesetzt oder in Bearbeitung. Eine weitere sinnvolle Reduktion der Pflanzenschutzmittel befürworten wir sicher alle, und sie wird auch eintreten. So produzieren immer mehr Bauern umweltschonend und sehr tiergerecht, zum Beispiel nach den Vorgaben von IP-Suisse. Immer mehr Bauern stellen ganz auf Bio um. Wir haben bereits ein sehr hohes Niveau erreicht.
Ich als Konsumentin kann den Markt mitbestimmen, indem ich vermehrt auch IP-Suisse- oder Bio-Produkte einkaufe. Allerdings, das wissen wir, ist der Biolabel-Salat ziemlich unübersichtlich. Am besten kauft man deshalb so oder so lokal und regional sowie saisonal ein. Dass die Initiative jedoch noch weitergeht als zum Beispiel die Richtlinien von Bio Suisse, gefährdet die Existenz der Bauern und des verarbeitenden Gewerbes, so wie auch unsere inländische Versorgungssicherheit. Im Gegenzug wird der Import aus dem Ausland, wo wir keine Kontrolle haben, gefördert. Wollen wir das? Das ist ja genau das Gegenteil dessen, was die Initianten beabsichtigen. Die Bauern, die für unsere Ernährungssicherheit und unsere Landschaft tagtäglich, bei jedem Wetter und Unwetter krampfen, sollen nicht noch mehr Regulierungen und Kollektivstrafen erhalten. Die zusätzliche Bürokratie und Reglementierungsflut bremst und verhindert dann sogar die dringend notwendige Innovation.
Fazit: Wir alle wollen weiterhin sauberes Trinkwasser und möglichst pflanzenschutzmittel- und antibiotikafreie Lebensmittel geniessen. Doch es wird bereits sehr viel gemacht, und das wollen wir jetzt nicht übersteuern mit extremen Initiativen. Zudem: Bevor wir die produzierende Landwirtschaft mit totalitären Forderungen drangsalieren, soll bitte jeder selbst in seinem Gärtchen kehren. Noch zu viele Herbizide und Pestizide werden vielleicht aus Unwissen, vielleicht aus Bequemlichkeit oder Perfektionismus in öffentlichen und privaten Gärten sorglos und häufig zu grossflächig versprüht. Bereits durch die Wahl der Pflanzen für einen geeigneten Standort und einen vernünftigen Umgang mit Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln kann jeder hier seinen eigenen Beitrag leisten. Auch aus diesen Gründen bitte ich Sie, sowohl die Trinkwasser-Initiative als auch die schädliche Volksinitiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide abzulehnen.
Zur ganzen Debatte: https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/amtliches-bulletin/amtliches-bulletin-die-verhandlungen?SubjectId=46563