Fraktionssprecherin zur Motion: Darlehen und Stipendien statt nur Stipendien (GRG Nr. 300)

Herr Grossratspräsident, Frau Regierungsrätin, Herren Regierungsräte,
Geschätzte Ratskolleginnen und Kollegen
Nicht nur immer davon sprechen, sondern auch tatsächlich Eigenverantwortung tragen, das ist ein Grundsatz der schweizerischen Volkspartei, der SVP! – So heisst es denn auch im Positionspapier Bildung der SVP Thurgau: "Es sollen Anreize für Studiendarlehen anstelle von Stipendien geschaffen werden. Stipendien werden nur für Erstausbildungen entrichtet. Für Zweitausbildungen werden zinslose Darlehen gewährt."  – Dasselbe gilt auch für die Tertiärausbildung.
Die SVP Fraktion steht deshalb selbstverständlich hinter der Forderung des Motionärs, wenigstens den verbliebenen Spielraum nach dem Beitritt zum interkantonalen Stipendienkonkordat maximal auszunützen. Mit der Begründung des Motionärs geht sie voll und ganz einig. – Die Hochschulabsolventen und auch die Absolventen einer Fachhochschule sind in der Regel in der Lage, einen Teil ihrer Ausbildungskosten zurückzuerstatten, es geht dabei nur um einen Drittel der Kosten – zwei Drittel sollen weiterhin als Stipendien entrichtet werden.
Mit der Antwort des Regierungsrates sind wir in folgenden Punkten einverstanden:

Die SVP-Fraktion teilt grundsätzlich die Überzeugung des volkswirtschaftlichen Nutzens von Ausbildungsbeiträgen, die gezielt und nicht nach dem Giesskannenprinzip entrichtet werden. – Auch soll allen talentierten und lernwilligen jungen Thurgauerinnen und Thurgauern mittels Stipendien oder Darlehen Aus- und Weiterbildung entsprechend ihrer Fähigkeiten unbedingt ermöglicht werden. – Die Entwicklung, dass nicht nur akademische, sondern vermehrt auch berufsqualifizierende Ausbildungen mit Stipendien oder Darlehen gefördert werden, ist ebenfalls ganz im Sinne der SVP. – Denn die Wirtschaft benötigt genauso handwerkliche Fachkräfte mit bester Ausbildung.
Aber dass bei Zweitausbildungen 80% der Berechtigten auf Darlehen verzichten, ist weniger nur auf die Befürchtungen der Verschuldung zurück zuführen, sondern viel mehr, weil es ganz einfach bequemer ist,  wenn man Stipendien, sprich geschenktes Geld erhält und sich nachher niemand mehr um Rückzahlung zu bemühen hat, das ist naheliegend und verständlich. Gleichzeitig ist es ein Zeichen, dass offensichtlich die Stipendien sehr grosszügig angesetzt sind, sodass die Darlehen nicht mehr benötigt werden.
Wenn der Kanton mit einem Totalaufwand von bis zu 8% des gewährten Dahrlehens pro Jahr rechnet, scheint bei dieser grosszügigen Berechnung die Belastung hoch. Der daraus resultierende Gesamtaufwand für Darlehen ist aber trotzdem bei 80% und nicht bei 100 % wie bei Stipendien. 
Zudem zeigt diese Kostenberechnung der Darlehensverwaltung deutlich, dass, wie zu befürchten war, wir uns mit dem Stipendienkonkordat ein Ei gelegt haben, indem mit der Bestimmung, dass max. 1/3 der Kosten als Darlehen aufgenommen werden darf, im Vergleich zu den Einsparungen,  die Verwaltungskosten sehr hoch ausfallen. – Die Lösung des Kantons Bern, dass die Kantonalbank im Sinne eines eigenen Beitrages zur Ausbildung der Jugend, die Bewirtschaftungskosten übernimmt, ist lobenswert und zur Verhinderung eines aufgeblähten Beamtenapparates sinnvoll.
Dass die Rückzahlung der Darlehen in eine Niedrigverdienstphase fällt, mag zutreffen.  Bezüglich Lebenskosten hat es jedoch jeder Einzelne selber in der Hand, was und wieviel er sich bereits in jungen Jahren leisten will oder ob er vielleicht auch bereit ist, anfänglich einen etwas einfacheren Lebensstandart in Kauf zu nehmen. – Das hat noch niemandem geschadet, im Gegenteil!
 
Ich könnte nun erneut den Regierungsrat auffordern,  sich noch weitere Möglichkeiten zu überlegen, um zinslose Darlehen attraktiver zu gestalten, wie ich das schon in der damaligen vorberatenden Kommission zum Stipendienkonkordat gefordert habe, zum Beispiel durch längere Rückzahlungsfristen. – Doch sind wir realistisch, solange der Geldhahn offen ist und nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen Stipendien fliessen, bemüht sich kaum jemand freiwillig um andere Geldquellen, sprich Darlehen, die nach Abschluss der Ausbildung zurückgezahlt werden müssen. Dass dies auf freiwilliger Basis nicht funktioniert, zeigte sich in der Vergangenheit. Auch heute könnten Stipendien grundsätzlich zurückbezahlt werden. Doch die jetzige Stipendienregelung fördert offensichtlich viel eher eine ungesunde Anspruchshaltung.  Das zeigt sich darin, dass früher erhaltene Stipendien später, wenn es möglich wäre, kaum je zurückerstattet werden.
Stipendien, geschenktes Geld, in einem späteren Zeitpunkt, in dem es dem Empfänger problemlos möglich wäre zurück zu erstatten, wäre aber eigentlich Ehrensache.
Das häufig angeführte Argument, dass die Empfänger von Stipendien diese in Form von Steuern zurück vergüten, stimmt aus zwei Gründen nicht: 1. auch die nicht Stipendienbezüger zahlen gleiche Steuern, 2. höhere Bildung heisst nicht automatisch höheres Einkommen und damit höhere Steuerkraft.
Zinslose Darlehen sind eine faire, Risiko lose Unterstützung, jedem eine Ausbildung zu ermöglichen, der es mit seiner Ausbildung auch wirklich Ernst meint. Es ist gleichzeitig eine Form, der immer häufiger werdenden Tendenz, einfach mal so auf Probe eine Ausbildung auf Kosten des Staates zu beginnen, entgegen zu wirken.
Aus diesen Gründen bitte ich Sie die Motion, dass auf Tertiärstufe anstelle von nur Stipendien, ein Drittel Darlehen bezogen werden muss, zu unterstützen, zu Gunsten  des wirtschaftlichen Denkens des Bezügers, dass der Staat nicht eine automatische, selbstverständliche  Geldverteilungsmaschine ist und zu Gunsten eines effizienteren Mitteleinsatzes im Bildungswesen.
Vielen Dank!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert